Donnerstag, 28. Mai 2015

12.05.15 - "Kurzes Update"

Wollte Euch nur mal erzählen, dass ich vor etwa zwei Wochen Malaria hatte. Ich glaube ich hatte noch „Glück“, weil meine Symptome nicht so krass waren, wie bei anderen betroffenen Mitfreiwilligen. All zu gut ging es mir dennoch nicht. Hatte recht hohes Fieber (an einem Abend 39,8°C), fühlte mich total matschig im Kopf, extreme Müdigkeit und Schüttelfrost. Die erste Nacht habe ich auch im Krankenhaus bei mir in der Nähe verbracht. Der Arzt meinte es wäre einfach sicherer für mich, weil für Leute die aus einem Land kommen wo keine Malaria ist, ist die Krankheit nochmal gefährlicher.
Total lieb, die Mutter von meinem Kumpel Cliffi ist die ganze Nacht bei mir geblieben und hat sich um mich gekümmert! Was auch irgendwie schön zu sehen war, wie viele Leute vorbeigekommen sind, um sich nach meinem Wohlbefinden zu erkunden. Das ist eh eine Sache die ich an der malawischen Kultur sehr mag: wenn jemand krank ist, ist es selbstverständlich diese Person zu besuchen. Man bringt was zu Essen vorbei oder betet zusammen- mir hat das gefallen.
Nach der ersten Nacht durfte ich wieder Heim. In den späten Abendstunden hat sich jedoch mein Zustand aufs Neue verschlechtert. Ich musste mehrmals brechen (anti Malaria Tabletten sind nämlich richtig eklig!) und meine Temperatur ist sehr gestiegen. Also sind Carmen, Nyapethi, Cliffis Mama, ein paar Nachbarjungs und ich gegen zwölf Uhr nachts ins Krankenhaus. Von der Krankenschwester habe ich verlangt, dass sie bitte ein Blutbild machen soll, um festzustellen welche Art von Malaria ich habe (es gibt drei Arten), sodass ich gezielt Medikamente bekommen kann. Die Gute war leider etwas inkompetent (so kam es mir zumindest vor) und nicht all zu begeistert, weil ich ihren Schönheitsschlaf gestört hatte. Irgendwann nach langem Warten kam endlich ein Arzthelfer. Gemeinsam wurde entschieden, dass es für mich mit einem Krankentransporter ins Städtchen „Karonga“ gehen soll. Das ist eine Stunde Fahrt von Chilumba entfernt.
Der Zustand des Krankenhauses ließ etwas zu wünschen übrig. Es gab getrennte Räumlichkeiten für Männer und Frauen. Eine Art Saal war nur für gebärende Frauen (das war echt verrückt, was da los war) und ein anderer „nur“ für Kranke aller Art. In einem Raum waren etwa 25 Krankenbetten und meistens hatte jeder Kranke noch eine Verwandte zum Aufpassen bei sich. Ich hatte den Luxus ein eigenes Zimmer mit zwei Betten zu bekommen. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich könnte es mir dennoch vorstellen, dass es mit meiner Hautfarbe zusammenhing, dass ich ein eigenes Zimmer bekommen habe... Zum Glück war ich nicht alleine. Die ganze Zeit waren Carmen und Nyapethi bei mir und haben sich fürsorglich um mich gekümmert, auch wenn ich zum Großteil nur geschlafen habe. Das Blutbild wurde übrigens noch in der gleichen Nacht, in der ich gekommen bin, gemacht. Da keine Parasiten mehr im Blut waren konnte die Art der Malaria nicht mehr festgestellt werden - dennoch ein gutes Zeichen!
Im Krankenhaus selber wurde ich eigentlich echt ganz gut behandelt. Eine ältere Krankenschwester war besonders lieb und hat dafür gesorgt, dass ich genug Nahrung zu mir nehme - fast schon regelrecht gezwungen, aber das war in Ordnung und notwendig.
Sonntagmorgen ging es endlich zurück nach Chilumba. Bis Dienstag war ich noch sehr schwach, habe hauptsächlich geschlafen und nicht all zu viel gegessen, weil ich mich weiterhin oftmals durch die Tabletten übergeben musste. Mittwoch war ich dann aber schon wieder in der Schule und Donnerstag war ich am unterrichten.
Seit dem ich wieder gesund bin, habe ich das Gefühl irgendwie neue Energie bekommen zu haben. Vorher hatte ich nämlich häufig das Problem extrem müde und k.o. und das ohne Grund zu sein. Überarbeiten tue ich mich hier in Chilumba nun wirklich nicht - daran lag es also nicht.
Als Fazit lässt sich sagen, dass ich wirklich froh und dankbar bin wieder fit zu sein! Nochmal brauche ich das Ganze nämlich echt nicht. Dennoch war es schön zu sehen, wie sehr sich die Leute um einen gesorgt und gekümmert haben und die Selbstverständlichkeit an der ganzen Sache.

Ich habe übrigens noch eine frohe Botschaft: am 24. April 2015 hat meine Nachbarin Nyafulirwa ihren Sohn namens Oscar gesund zur Welt gebracht. Carmen und ich hatten die große Ehre dem kleinen Fratz einen Namen zu geben. Die Bedeutung von Oscar heißt so viel wie „unter Gottes Schutz“. Eben gerade ist Nyafulirwa mit Oscar vorbeigekommen und hat ihn mir einfach in die Hand gedrückt. Also habe ich etwas auf ihn aufgepasst, weil er wirklich goldig ist. Leider hat er mich irgendwann angepinkelt - übel kann ich es ihm jedoch nicht nehmen.

P.S.:

Etwas ganz Anderes zum Abschluss:
Wie der ein oder andere von Euch vielleicht weiß, werde ich am 15. Juli 19 Jahre alt. Für den Fall, dass einer eventuell vor hat mir irgendetwas per Post zukommen zu lassen, macht das entweder rechtzeitig oder schickt es zu mir Heim nach Kassel. An meinem Geburtstag selber werde ich nämlich schon nicht mehr in Chilumba sein, sondern irgendwo durch Malawi gurken. Derzeit steht in Planung, dass Carmen und ich am 15. Juli Chilumba verlassen – all zu lang dauert es also nicht mehr (verrückt).


P.P.S.:

Mir gar nichts zukommen zu lassen ist jetzt übrigens auch keine Option, schließlich seid ihr nun alle im Bilde von diesem rundum wichtigen Datum! (Scheeeeeerz)

Bilder #7

Meine Nachbarin hat einen Sohn bekommen. Auf dem Bild ist er gerade mal drei Tage alt. Carmen und ich hatten die grosse Ehre ihm einen Namen zu geben. Wir haben uns fuer "Oscar" entschieden.
Mount Mulanje

On top of the Mount Mulanje - Sapitwa Peak

On top of the Mount Mulanje - Sapitwa Peak

Mittwoch, 6. Mai 2015

23.04.15 - A-f-r-i-k-a

Als ich im Sommer 2014 mein Abitur absolviert habe, wollten einige Freunde, Verwandte und Bekannte gerne wissen, was meine Pläne nach der Schule denn so wären.
Meine Antwort darauf: „Ich gehe für 11 Monate nach Malawi und werde an einer Sekundarschule unterrichten.“
Die Reaktionen fielen z.T. ähnlich aus: „Was, du gehst nach Mali??“ oder „Hä, Malaria ist doch kein Land!?“.
Ich: „Nein, ich gehe nach MA-LA-WI. Das ist ein kleines Land in Süd-Ost-Afrika.“

Natürlich war es nicht mit jedem so. Dennoch wurden in solchen Momenten nicht gerade selten erst mal alle Vorurteile gegenüber „Afrika“ ausgepackt: „Wirst du dort in einer Lehmhütte leben?“; „Hast du denn auch fließend Wasser und Strom?“; „Muss man da nicht total wegen Aids/HIV aufpassen?“; „Hoffentlich bekommst du auch genug zu essen.“; „Ist die Kriminalität in Afrika nicht total hoch?“... Solche Fragen haben mich zum Teil echt wütend gemacht. Besonders die Leute die das gefragt haben in der Regel selber noch nie in einem afrikanischen Land waren und dann eben diese Sachen ausgepackt haben.
Ein Arzt in Deutschland, bei dem ich mich vor meiner Zeit in Malawi habe beraten lassen, hat es sogar tatsächlich mal gebracht mich zu fragen, warum ich denn in so ein komisches Land reisen müsste und dass er so etwas seiner Tochter ja niemals erlauben würde. In diesem Moment hat es mir echt die Sprache verschlagen.

Auf der anderen Seite muss man aber auch äußern, dass Vorurteile nicht von irgendwoher kommen. Etliche Deutsche haben, besonders im Ausland, nicht ohne Grund mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass alle Deutschen angeblich (immer noch) Nazis sind. Und ja, zum Teil bestätigt sich dieses Vorurteil bedauerlicherweise auch. Hier in Malawi bekomme ich leider kaum etwas von der Nachrichtenwelt mit. Dennoch sind mir vor allem auf Facebook die zahlreichen Veranstaltungen nicht entgangen, die sich gegen Nazis und Faschismus in Deutschland gerichtet haben.

So ist es eben auch bei mir in Malawi. In einigen Teilen ist es tatsächlich so, dass viele „Afrika-Klischees“ zutreffen. In der Region wo ich zum Beispiel wohne haben die meisten Leute keinen Strom, einige Häuser sind mit Stroh gedeckt, Frauen (viele von ihnen ein Baby auf dem Rücken tragend) laufen täglich mehrmals zur Wasserpumpe um Wasser zu holen und fast überall laufen Kinder in staubigen und oft zerlöcherten Klamotten herum.
Kommt man aber in die Stadt, findet man nicht unbedingt eine Wasserpumpe als Trinkquelle, die Frauen laufen gestylt und in Jeanshosen durch die Gegend, es gibt einen riesigen Supermarkt mit Produkten aus aller Welt und am Wochenende kann man in Clubs ausgehen.
Außerdem ist es ein erheblicher Unterschied, dass das Klischee „Deutscher=Nazi“ in der Tat etwas negatives ist und beim anderen „Afrika=Armut“ immer gedacht wird, dass es etwas Schlechtes wäre.
Wenn man all diese Vorurteile gegen „Afrika“ hört, denken viele direkt, dass die Leute hier total leiden und täglich um's Überleben kämpfen müssen. Vor allem die Medien tragen einen Großteil zu dieser Sicht bei. Wir alle kennen die Werbeplakate von „UNICEF“, wo ein kleines süßes schwarzes Kind mit Hungerbauch und einer Essensschale in der Hand dargestellt wird. Weiter geht es mit täglich negativen Nachrichten aus beispielsweise Somalia und Mali, wo viele Unruhen und Krieg herrschen. Wie soll man da auch ein positives Bild von „Afrika“ bekommen?!
Wenn man Malawi in einer Internetsuchmaschine eingibt, bekommt man Informationen wie „eines der ärmsten Länder der Welt“ etc. Und ja, wahrscheinlich stimmen all diese Informationen sogar zum Großteil auch. Frage ist nur, ob Armut gleich unglücklich sein bedeutet. Ich habe nämlich den Eindruck, dass die Menschen denen ich täglich begegne, mir oftmals viel fröhlicher und zufriedener erscheinen. Das heißt natürlich nicht automatisch, dass sie keine Sorgen und Ängste haben, aber irgendwie können sie es anscheinend extrem gut „vertuschen“ oder sie lassen sich davon einfach nicht so sehr beeinflussen. Auch wenn die Leute in meiner Umgebung meistens unter sehr einfachen Verhältnissen leben, hatte ich noch nie den Eindruck, dass irgendjemand am hungern wäre. Das hängt damit zusammen, dass fast alle Menschen in Malawi (selbst wichtige Personen wie der Präsident und Mitglieder des Parlaments) von Subsistenzwirtschaft leben. So etwa jeder hat sein eigenes Feld wo hauptsächlich Mais und Cassava (Maniok) angebaut werden. Teilweise aber auch (Süß-)Kartoffeln, Tomaten, Erdnüsse und Kürbisse. Somit wird automatisch eine Art Ernährungsbasis geschaffen. Beilagen wie Fisch, Fleisch und Eier werden meistens auf dem Markt eingekauft.

Eine Sache würde ich noch gerne sagen. Mein Anliegen hängt mit dem großen Wort „Afrika“ zusammen. Ich finden diesen Begriff persönlich immer etwas schwierig. Der Grund ist einfach Folgender: man kann Afrika nicht „in einen Topf“ packen! Es ist ein riesiger Kontinent mit unglaublich vielen Ländern. Man bedenke einmal, wie verschieden europäische Länder sein können. Nicht nur von der Umwelt und dem Wetter, sondern vor allem von den Bewohnern und deren Kulturen. Mit „Afrika“ ist es genauso. Ich war bisher in drei afrikanischen Ländern (Südafrika, Malawi und Tansania) und natürlich sieht man in manchen Punkten Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten. Auf der anderen Seite bestehen aber auch große Unterschiede. Angefangen wie Frauen ihr Haar tragen, was es für traditionelle Tänze gibt, die Art des Häuserbauens, die Hautfarbe differenziert sich, Bräuche und Sitten, Sprache, Religion... Somit ist in AFRIKA nicht alles gleich und nicht überall herrschen dieselben Verhaltensregeln.


Zum Abschluss lässt sich noch erwähnen, dass mir solche Blogeinträge immer sehr schwer fallen bzw. dass ich wirklich lange an ihnen arbeite und sie mehrfach überlese. Dieses Mal wollte ich gerne diesem ewigen Begriff „Afrika“ etwas Positives verleiten und Euch näher bringen. Das ist schließlich auch eine Art Aufgabe in meinem Freiwilligendienst. Es geht nämlich vor allem um den kulturellen Austausch - in diesem Falle zwischen Deutschland und Malawi. Ihr lernt hoffentlich ein wenig über Malawi kennen und ich versuche durch viele Gespräche, meinen malawischen Mitmenschen einen Eindruck von Deutschland zu verschaffen.
Außerdem hoffe ich, dass ich nicht wie eine besserwisserische Person mit erhobenem Zeigefinger herübergekommen bin. Das war nämlich definitiv nicht meine Absicht! Es gab aber einfach ein paar Dinge die mich „gestört“ haben bzw. die ich mal gerne loswerden wollte.


Ich wünsche Euch allen viel Sonnenschein und dass ihr einen anständigen Sommer in Deutschland genießen könnt! Bei mir wird es jetzt immer etwas „kühler“- zumindest im Vergleich zu den vorherigen Monaten. Im Juni/Juli könnte es allerdings tatsächlich mal vorkommen, dass ich in langer Hose und Pullover durch die Gegend laufe. Jetzt genieße ich es aber erst mal, nicht mehr im Schlaf schwitzen zu müssen! 
Bis denne, Eure Lotti!