Montag, 20. Oktober 2014

Ein mehr oder weniger „typischer“ Tag in Chilumba [Teil 1]

5:50 Der Wecker klingelt...

6:15 …und ich muss aufstehen. Schon sehr früh steht das ganze Dorf auf den Beinen. 
Jeden Morgen fegt unsere Nachbarin Nyapethi vor unserem Haus - habe fast den Eindruck als wäre das hier Teil der Kultur, weil jeder (außer Carmen und mir) morgens am fegen ist.

6:30 Toilettengang auf dem Plumpsklo absolviert, Zähne am Wasserhahn geputzt und umgezogen. Jeden Tag trage ich Röcke (u.a. auch Chitenjes - habe die Tragetechnik jetzt raus), weil wir keine Hosen während des Unterrichtens tragen sollen. 
Zum Frühstück essen wir Weißbrot, Butter, Erdnussbutter, manchmal Bananen und seit Kurzem haben wir „hochwertigen“ Instantkaffee.

7:00 Wir müssen los zur Schule- zum Glück dauert der Weg nur 5 min. Jedoch ist es hier Brauch, dass jeder jeden begrüßt und fragt wie es ihm geht. Ein Dialog auf Tumbuka sieht folgendermaßen aus:

1. Person:„Mwawuka?“ (Wie hast du geschlafen?)
2. Person:„Nwawuka makola- kwali imwe?“ (Ich habe gut geschlafen und du?)
1. Person:„Nwawuka makola!“ (Ich auch.)
2. Person:„Tawonga chomeni!“ (Vielen dank!)
1. Person:„Yewo.“ (Danke.)

7:10 Die Schule beginnt und alle Schüler begeben sich in die Klassenräume. Eine Schulstunde dauert 40min.
Carmen und ich gehen erst mal in die Schulbücherei (die jetzt endlich fertig ist!) und bereiten uns dort auf den Unterricht vor. Ich unterrichte am Tag etwa 1-2 Schulstunden. In meiner Klasse sitzen um die 60 Schüler - hätte ich mir in Deutschland ehrlich gesagt vorher nicht zugetraut, so viel Schüler zu unterrichten. Auch wenn es oftmals sehr anstrengend ist, habe ich eine Menge Spaß mit den Schülern!

7:50 Die ersten Schüler kommen in die Bücherei und leihen bevorzugt Walt Disney Kinderbücher wie z.B. das „Jungelbuch“ oder „König der Löwen“ aus. Insgesamt haben wir etwa 2000 Bücher und zu jedem Themenbereich findet man etwas.
Oftmals kommen die Schüler aber auch einfach nur zum schnacken vorbei und es haben sich schon so etwas wie Freundschaften zwischen den Schülern und uns gebildet. Die meisten Schüler sind gegenüber uns  sehr aufgeschlossen und unglaublich an Deutschland interessiert.
Kürzlich kamen ein paar Schüler zu mir und wollten fragen, ob es möglich ist über Brieffreundschaft, so etwas wie Freunde in Deutschland zu haben. Ich meinte, dass ich gucken muss, was sich machen lässt.

Lieber Leser, ihr seid jetzt gefragt! Falls es jemanden von euch geben sollte, der insgesamt vielleicht 5 Briefe im Jahr mit einem malawischen Schüler austauschen würde, wäre das super. Es geht hier nicht um finanzielle Unterstützung (aus wenn es passieren kann, dass die Schüler euch nach Geld fragen), sondern einfach um den Austausch. Ich denke, dass man vieles voneinander lernen kann und die Schüler würden sich unglaublich freuen, einen Freund in Deutschland zu haben. Alle Interessierten bitte über E-Mail, Facebook oder Skype bei mir melden. Ich sage hier an dieser Stelle schon mal DANKE!

… Die Zeit bis zur „Lunch- Break“ vergeht ziemlich flott. Es wird gequatscht, gelesen, Unterricht vorbereitet, Bücher sortiert...

11:20 Ich habe eine Unterrichtsstunde. Außentemperatur beträgt meistens um die 30°C - ist also mit 60 schwitzenden Jugendlichen in einem Raum nicht so lecker. Mit einem lauten „Good Morning Madame“ werde ich begrüßt. In der Schule sollen mich die Schüler „Madame“ nennen, was am Anfang ziemlich seltsam für mich war. Außerhalb der Schulzeit lege ich aber Wert drauf, dass ich Carlotta genannt werde.
Meistens läuft eine Schulstunde so ab, dass wir am Anfang den Inhalt der letzten Stunde wiederholen. Dann wird ein neues Thema begonnen und ich stelle den Schülern Fragen. Leider beteiligen sich nicht alle am Unterricht, weil noch viele Schüler große Probleme mit Englisch haben. Den Einen oder Anderen musste ich auch schon mal aufwecken, weil er/sie eingepennt ist - hat hoffentlich mit der schlechten Luft im Raum, und nicht mit meiner Unterrichtsart, zu tun. 
Der Unterricht vergeht wie im Fluge...

12:00 … und es klingelt zur „Lunch- Break“. Carmen und ich gehen in ein Art Lehrerzimmer und essen dort gemeinsam mit den Lehrern. Zum Essen gibt es Sima mit Bohnen. Das Essen befindet sich in zwei Plastikeimern - nur leider ist das Sima so heiß, dass wir es nicht schaffen, es mit unseren Händen herauszuholen. Also müssen die Lehrer helfen. Ohne deren Hilfe wären wir womöglich schon längst verhungert.
In der Pause findet sich immer etwas Zeit mit den Lehrern über „Gott und die Welt“ zu sprechen. Ein unglaublich interessantes, aber auch für uns verrücktes Thema ist „Witchcraft“ und Heiler.

Eine Story dazu ist zum Beispiel: Wirst du von einem Skorpion oder einer Schlange gebissen, solltest du zu Mr. Gondwe gehen. Dieser Mann ist Lehrer- hat aber von seinem Vater gelernt, wie man Menschen heilen kann, die von solchen Tieren gebissen wurden. Mit seiner Hand streicht er über die „Bissstelle“, nimmt den Schmerz und schmeißt ihn gegen einen Baum. Danach solltest du aber auf keinen Fall den Baum anfassen - andernfalls wird dieser Schmerz auf dich übertragen.

Das die meisten von euch jetzt schmunzeln werden, vielleicht sogar lachen, kann ich verstehen. Carmens und meine Reaktion fiel ähnlich aus. Im ersten Moment dachten wir, dass die uns komplett „veräppeln“ wollen, bis wir gemerkt haben, dass die das total ernst meinen. 
Für uns ist dieses Handeln/Denken immer noch seltsam und wird auch immer seltsam bleiben, aber wahrscheinlich ist das Teil deren Kultur. Dieser Aberglaube wird von Generation zu Generation weitergegeben und gehört zu ihrem alltäglichen Leben dazu. Ich könnte mir auch vorstellen, dass sich tatsächlich viele durch die Hilfe des Heilers besser fühlen, aber nur durch den „Placebo- Effekt“ - wer weiß.
Eine andere echt verrückte Geschichte ist Folgende:

Es besteht die Möglichkeit zu einem „Witchdoctor“ zu gehen und mit ihm an jeden Ort dieser Welt zu fliegen. Dafür bestehen aber gewisse Bedingungen. Fliegen kann man nur in der Nacht, außerdem muss man nackt sein. Als Gefährt/ „Flugzeug“ dient einem ein Löffel oder ein flacher Korb auf den man sich mit mehreren Leuten setzt. Dann kann die Reise los gehen und jeder fliegt an einen anderen Ort seiner Wahl. Ich könnte zum Beispiel nach Deutschland fliegen und Euch alle besuchen (wenn ich das wollte). Jetzt denkt ihr bestimmt, ich will euch auf den Arm nehmen, aber die Geschichte ist wahr. Fragen wir hier Leute, ob sie an „Witchcraft“ glauben, fällt die Antwort meist ähnlich aus: „Wir glauben nicht an Witchcraft, aber wir denken, dass es existiert.“

Ich denke, dass man sich die malawische Art des „Fliegens“ nicht mit normalen Menschenverstand erklären kann, sondern diesen Teil der Kultur einfach akzeptieren muss. Bitte haltet die malawische Bevölkerung jetzt nicht für verrückt! Sie sind ganz normale Menschen, so wie du und ich, nur dass sie an einen altmodischen Glauben festhalten.

Liebe Leser, ich bedanke mich ganz herzlich fürs' Lesen und euer Interesse! Ich kann euch beruhigen - mir geht es gesundheitlich gut und auch meine Schulter ist durch die Medizin von alleine geheilt.
Ansonsten lässt sich zu Malawi (bzw. Chilumba) sagen, dass es hier unglaublich heißt ist - eigentlich ist man dauerhaft am schwitzen, so dass am Tag 2-3 Mal geduscht wird.

[Teil 2] zu meinem Tagesablauf in Chilumba folgt bald. Ich behaupte einfach mal, dass dieser Blogeintrag fürs' Erste reicht.
Es grüßt Euch ganz lieb Carlotta, die einfach schon seit 2 Monaten in Malawi ist

2 Kommentare:

  1. Liebes Lottchen schön von Dir zu hören,Dich zu sehen und zu lesen ,das es Dir gut geht.Hört sich ja interessant was Du da so erzählst.Hier ist alles wie immer,die letzten Wochen hatten wir tolles goldenes Oktoberwetter mit vielSonne und Temperaturen bis25 Grad aber jetzt wirds eklig,grau,nass kalt.Falls jemand sich mit so ner alten Tussi wie mir schreiben will,nur zu.Sonst gibt's nichts weltbewegendes zu verzählen.Las Dich drücken DeIne Lucca

    AntwortenLöschen
  2. Ach ja,setze mich heut Abend mal nackig samt Kochlöffel auf meinen Korb und komm mal vorbeigeflogen.Ist nur ein Scherz aber schöne Vorstellung und so günstig����������

    AntwortenLöschen